Polisblog
10. Februar 2018

Foreign Policy Review: Polis180 kommentiert neuen Koalitionsvertrag

Bisher hat sich die junge Generation noch nicht öffentlich zu den außenpolitischen Zielen der (möglichen) Großen Koalition geäußert. Dabei bestimmen die Entscheidungen von heute die Realität der Jugend von morgen. Polis180 hat den neuen Koalitionsvertrag mal genauer unter die Lupe genommen und die Vereinbarungen in Sachen Außenpolitik fleißig analysiert.

Politische Statements von Polis-Mitgliedern

 

 

Polis Präsidium & Vorstand

“Wir begrüßen sehr, dass die (mögliche) Koalition Kapazitäten zur strategischen Analyse und Kommunikation von Außenpolitik ausbauen und bestehende Einrichtungen stärken möchte – denn es sind auch finanzielle Planbarkeit und Offenheit der Politik, die wertvolle und nachhaltige Thinktank-Arbeit ermöglichen. Viel wird darüber diskutiert, wie sich BürgerInnen stärker an der außenpolitischen Debatte beteiligen können. Wir hoffen deshalb, dass im Sinne der Partizipation von BürgerInnen und der Nachwuchsförderung künftig auch niedrigschwelliges und junges Engagement in der Außenpolitik zunehmend unterstützt wird.”

“We very much welcome the fact that the (possible) coalition wants to enhance Germany’s capacities for strategic analysis and communication of foreign policy and to strengthen existing institutions – after all, it is financial security and the openness of policy makers that makes valuable and sustainable think tank work possible. There is also much debate on how citizens can be more involved in issues of foreign policy. We therefore hope that, in order to increase citizens’ participation and to promote young talent, low-threshold and young engagement in foreign policy is also increasingly supported in the future.”

Christian Freudlsperger, Jule Könneke, Sonja Schiffers, Susanne Zels

 

 

Polis Programm Europäische Union

“Europas Narrativ muss um Sicherheit und Solidarität erneuert werden. Hierfür sehe ich gute Ansätze im vereinbarten Koalitionsvertrag. Neben Frieden und Freiheit soll auch die ‘Sicherheit in der Welt’ im Zentrum der Außen- und Europapolitik stehen. Die Wirtschaftsunion um eine Verteidigungsunion zu ergänzen, ist dabei ein vielversprechender Ansatz. Auch das Ziel der Koalitionäre, ‘eine gerechte Gestaltung der Globalisierung im Sinne der Agenda 2030, die allen Menschen ein Leben in Würde und Sicherheit bietet’, lässt auf die Stärkung der Solidarität in der Außen- und Europapolitik hoffen. Vor allem das ‘European Council on Global Responsibilities’ ist in diesem Zusammenhang ein positiver Schritt. Rechtsstaatlichkeit und Europäische Werte sollen außerdem eine zentrale Rolle in einer wertebasierten Außen- und Europapolitik einnehmen. Die Forderung der Koalitionäre nach ‘umfassenden, nachhaltigen und unumkehrbaren Reformen beim Aufbau von Rechtsstaatlichkeit’ als Voraussetzung für den Beitritt der Staaten des Westlichen Balkans sind ebenfalls zu begrüßen. Jedoch mangelt es in der EU aktuell an Handlungsfähigkeit, bestehende Mitgliedsstaaten für die Nichteinhaltung europäischer Werte zu disziplinieren. Deshalb müssen konkrete Maßnahmen vorgelegt werden, wie die geplante Stärkung von ‘Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Ausübung von Grundrechten’ umgesetzt werden soll. Demnach ist die Initiative zu befürworten, dass eine Expertenkommission Vorschläge erarbeiten soll, um neue Partizipationsformen zu schaffen und die parlamentarische Demokratie zu stärken. Bestehende konkrete Vorschläge zur Stärkung der europäischen Partizipation wurden von den Koalitionären leider nicht aufgegriffen. Insbesondere stärkere Bemühungen, die Beteiligung an Europa zu verbessern und die Zivilgesellschaft stärker in diesen Prozess einzubinden, sind dringend notwendig.”

“Europe’s narrative needs a renewal: make Europe not only stand for peace and freedom, but also for security and solidarity. The coalition agreement is taking first steps towards this renewal by stressing the ‘security in the world’ as a key aim of Germany’s foreign affairs and European policy. The establishment of a defence union in Europe is an important step in this context. Solidarity and security are also expressed as key narratives for European policy with the aim for a ‘just organisation of globalisation in the sense of the agenda 2030, which provides all humans with a dignified and save life’. Especially the suggested ‘European Council on Global Responsibilities’ could be a successful step towards this renewal, while the rule of law and all European values have to be the guiding principles of German foreign affairs and European policy. The coalition’s demand for ‘comprehensive, sustainable and irreversible reforms in establishing the rule of law’ as a prerequisite for the Western Balkan states to join the EU, must be followed through. However, the EU currently lacks the necessary ability to act in order to discipline existing member states when the rule of law or other vital European values are being disregarded. Concrete steps must follow in order to strengthen the ‘rule of law, democracy and the practice of basic rights’. The coalition is establishing an expert committee, which will prepare suggestions on new forms of participation and on strengthening parliamentary democracy. Many concrete suggestions for improving European participation do already exist which are not considered in the coalition agreement. Hence, greater efforts to include civil society in the process of European integration must be taken.”

Susanne Zels

Programmbereich Europäische Identität

 

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“Die Verhandler haben es geschafft, im Vertrag auf ca. 80-100 von insgesamt über 8.000 Zeilen zur europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik den Eindruck zu vermeiden, es ginge ihnen bei diesem Thema lediglich um Militärisches. Allerdings gibt es keine nennenswerten neuen Vorschläge. CDU, CSU und SPD bekennen sich dazu, europäisch mehr Verantwortung zu übernehmen und die Integration in der europäischen Verteidigungspolitik im Rahmen der PESCO weiter zu entwickeln. Außerdem soll der europäische Verteidigungsfonds gestärkt und die Konsolidierung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie vorangetrieben werden. Der vernetzte Ansatz wird ausdrücklich hervorgehoben. Ebenfalls wenig überraschend, aber zur Vermeidung von Dopplungen begrüßenswert ist das Bekenntnis, Planungsprozesse mit der NATO abzustimmen. Als langfristiges Ziel wird die ‘Armee der Europäer’ genannt, womit der negativ konnotierte und auf vollständige Integration deutende Begriff einer europäischen Armee verdrängt werden soll. Dies und die Betonung, dass die Politik Vorrang vor dem Militärischen hat, unterstreicht, dass der deutsche Parlamentsvorbehalt weiterer Integration Stand hält.”

The negotiators not only managed to limit issues of European security and defence to 80-100 lines of the total 8.000. But clearly proved that they think of this topic as one that does not need to include military dimension. Does this mean it’s all quiet on the hard power front? Not entirely. Christian and Social Democrats and the Bavarian CSU have agreed to accept more responsibility on a European level and to further develop common defence within PESCO. Moreover, they want to strengthen the European Defence Fund, consolidate European security and defence industries, and reiterate support for the ‚comprehensive approach‘ to security. Equally unsurprisingly, they agreed that the European and NATO Defence Planning Process should be coordinated more smoothly. Most interesting is that the phrase ‚Army of Europeans‘ made it into the coalition agreement as a long-term goal. Whether this will be successful by displacing the negatively connotated ‚European Army‘ remains to be seen. Via the agreement’s explicit statement of politics’ primacy over military means, it seems certain that Germany will not give up its requirement of parliamentary approval before the deployment of its armed forces any time soon.

Elyssa Shea, Paul von Salisch

Programmbereich Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

 

 

Polis Programm Migration

„Abschottung first, integration second: So lässt sich der Kurs der KoalitionärInnen in Bezug auf das zukünftige Management von Zuwanderung und die Aufnahme von Geflüchteten zusammenfassen. Installiert werden soll ein gemeinsames europäisches Asylsystem mit wirksamen Verteilungsmechanismen. Effektiv sollen daher beispielsweise Leistungen nur noch im zugewiesenen EU-Mitgliedstaat erhalten werden können, um dadurch die Eindämmung von Sekundärmigration in beliebtere Zielländer wie Deutschland zu erreichen. Dem vorgeschaltet ist die Verlegung eines Großteils von Asylverfahren an die EU-Außengrenzen. Weitere Eindämmung der Zuwanderungszahlen wird sich durch nicht nur eine sondern gleich zwei Obergrenzen erhofft. Neben der Gesamtzuwanderung Geflüchteter wird ab August auch der Familiennachzug auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt. Dem Ziel einer effektiven Integration wirkt diese restriktive Familienzusammenführung klar entgegen. Auch der Ausbau sogenannter ANKER Stellen wird weniger die Integration als die Isolation von Geflüchteten vorantreiben. In diesen allround-Annahme und Abschiebe Zentren sollen Geflüchtete zukünftig bis zu 18 Monate verbleiben. Soziale Kontakte nach außen und damit einhergehender Sprach- und Arbeitserwerb werden in diesen Zentren erschwert. Auch die Festlegung, in Zukunft Länder, deren Anerkennungsrate unter 5 Prozent liegt, zu sicheren Herkunftsstaaten zu ernennen, entpuppt sich als Zirkelschluss, entworfen für die Legitimation weiterer Abschottung.”

“Isolation first, integration second: this is how to best sum up the agreement Christian and Social Democrats have come up with in their coalition paper in regards to migration and asylum policies. The aim of a Common European Asylum System is based on the need of equal distribution of refugees between EU member states. To achieve this, refugees will only be allowed to claim social aid in the countries they have been primarily allocated to. Such measures will be taken in order to prevent secondary migration of refugees into more favorable EU countries such as Germany and are preceded by the shift of asylum procedures outside of the EU’s external borders. Further steps towards a reduction of refugee migration into Germany are taken by limiting not only the number of refugees coming to Germany to 180.000-200.000 per year, but also limiting the number of family reunifications to 1.000 arrivals per month from August onwards. The goal of an effective integration of refugees becomes vastly unlikely in the light of this prospect for families being reunited in Germany. The establishment of so-called ‘ANKER’ centers will foster the isolation of refugees. These all-round admission as well as deportation centers will host refugees up to 18 months, where it is unlikely for them to gain social contact outside of their own community, to learn the German language or to find employment. Lastly, the parties’ announcement that countries with an acceptance rate below five percent will be declared safe countries of origin is a self fulfilling prophecy designed to legitimise further isolation.”

Lea-Maria Warlich

Programmbereich Europäische Asylpolitik

 

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“Dem Koalitionsvertrag mangelt es an Glaubwürdigkeit. Er spricht vom Grundrecht auf Asyl, sorgt durch die Auslagerung von Migrationskontrollen gleichzeitig dafür, dass dieses Recht kaum in Anspruch genommen werden kann. Da die Koalition im Rahmen der EU-Migrationspolitik (sicherheits-) politische Akteure repressiver Regime unterstützt, die oft selbst Fluchtgrund sind, muss sich die Regierung die Frage nach der Nachhaltigkeit ihres Ansatzes gefallen lassen. Wer auf eine Außen- und Menschenrechtspolitik aus einem Guss abzielt, kann nicht gleichzeitig auf eine Fortsetzung der bestehenden Abschottungspolitik setzen. Die Versicherheitlichung von Migration, Menschen an Migration zu hindern und Grenzsicherung zu verstärken, birgt das Risiko, regionale Konflikte zu verschärfen. Obwohl der Ansatz, Sicherheits- und Entwicklungszusammenarbeit mit betroffenen Ländern zu verstärken, im Grunde ein vernünftiger ist, darf Entwicklungszusammenarbeit nicht als Instrument für europäische Migrationsinteressen dienen, da dies den Zielen der Agenda 2030 entgegensteht.”

“The coalition agreement lacks credibility. It talks of a fundamental right to asylum, but through the externalisation of migration control simultaneously takes measures that this right cannot be claimed. Its approach of supporting collaboration with repressive regimes in countries of transit and origin in the frame of EU migration policy, raises questions of sustainability as those regimes are often themselves the reason for people fleeing. Thus, continued reliance on externalisation of migration control contradicts with the claim of a foreign and human rights policy from the same mould. Hindering people from migrating and thus further securing borders, i.e. the securitisation of migration, bears the risk of exacerbating regional conflicts. But while the approach to enhance security and development cooperation with affected countries seems, in principle, a reasonable one, development cooperation must not be used as a tool of European migration interests, as it risks to counter the aims of the Sustainable Development Goals.”

Anna Schmauder, Nathalie Teer

Programmbereich Migration und Sicherheit

 

 

Polis Programm Frieden & Sicherheit

„Wir begrüßen, dass die Bundesregierung im Rahmen einer wachsenden Eigenverantwortung und Emanzipation der EU transatlantisch bleiben und zugleich europäischer werden möchte. Wir befürchten jedoch, dass die Verpflichtung gegenüber des 2-Prozent-Ziels der NATO nicht ausreichen wird, um den transatlantischen Partner von dem Wert der Zusammenarbeit nachhaltig zu überzeugen, sodass die Bundesregierung auf weitere Forderungen von US-Seite vorbereitet sein muss. Hierfür bedarf es einer gemeinsamen transatlantischen Linie Europas. Die Bundesregierung ist gegen Protektionismus und möchte mit offenem und intensivem Dialog die US-Regierung sowie an die Bevölkerung herantreten, um deutschen und europäischen Interessen Gehör zu verschaffen und Deutschland auch abseits der Politik bekannter zu machen. Was die Bundesregierung allerdings vergisst, ist ein vergleichbares Engagement im eigenen Lande. Wenn deutsche BürgerInnen ein negatives Bild der USA und damit den transatlantischen Beziehungen haben, ist eine transatlantische Kooperation – ob als politische oder auch ideologische Interessengemeinschaft – schwer begründbar. So sollten zusätzlich auch in Deutschland Maßnahmen gefördert werden, welche die transatlantische Verbindung und ein positives Verständnis zur USA nachhaltig fördern. Am meisten bedauern wir, dass sich die Bundesregierung in ihren außen-, sicherheits- und entwicklungspolitischen Leitlinien äußerst stiefmütterlich mit Lateinamerika beschäftigt und nur peripher die ‘gemeinsamen strategischen Interessen’ streift, ohne diese näher zu definieren.“

„We welcome that the German government aims to remain transatlantic while being more European within the framework of growing responsibility and emancipation of the European Union. However, we fear that the commitment of the 2 percent goal of NATO will not be enough to convince our transatlantic partner of the sustainable value of the collaboration. Therefore, the German government should be prepared for further demands by the United States. For this, there is a need for a common transatlantic course by Europe. The German government is against protectionism and wants to seek open and intensive dialogue with the US administration and the population to enhance its voice for German and European interests while making Germany more known even outside of politics. However hereby, the German government overlooks a comparable engagement in its own country. If German citizens have a negative image of the United States and thus of the transatlantic relationship, a transatlantic collaboration – whether as political or ideological interest community – is difficult to justify. Therefore, in Germany as well there should be government support for measurements to promote a sustainable transatlantic connection and a positive understanding of the United States. Most of all, we regret that the German government treats Latin America within its foreign, security and development policies only with an afterthought and just touches briefly on ‘common strategic interests’ without defining them more detailed.“

Daniel Weimert, Esther Kern, Sylvia Wittmer

Programmbereich The America(n)s

 

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“Die Koalition bekennt sich zum Pariser Abkommen. In der nationalen Umsetzung will man ‘auf jeden Fall’ die Emissionsreduktionsziele für 2030 erreichen. Dafür soll 2019 ein Klimaschutzgesetz ausgearbeitet werden. Hinsichtlich der 2020-Ziele (Emissionssenkung um 40 Prozent gegenüber 1990) wird eine ‘Handlungslücke’ anerkannt – also festgestellt, dass sie mit den gegenwärtigen Maßnahmen unerreichbar sind. Konkrete Maßnahmen zur Schließung dieser Lücke gibt es wenige, etwa eine Sonderausschreibung für erneuerbare Energien. Es wird die Ambition verschärft, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung (derzeit laut BMWI 29 Prozent) bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Als international orientierte Jugend fordern wir eine ambitionierte und nachhaltige Politik! Wir begrüßen die geplante rechtliche Festschreibung der 2030-Ziele und den Ausbau erneuerbarer Energien. Dennoch bleibt der Koalitionsvertrag unter seinen Möglichkeiten. Die Handlungslücken (auch bzgl. 2030) sind so nicht zu schließen. Die wichtige CO2-Bepreisung von der Mitwirkung aller G20-Staaten abhängig zu machen, statt mit Frankreich und anderen europäischen Partnern eine Vorreiterrolle einzunehmen, ist enttäuschend. Deutschland kann und sollte es sich leisten, seine globale Verantwortung noch ernster zu nehmen.”

“The coalition recommits itself to the Paris Agreement. Implementing it on a national level, the agreement aims ‘in any case’ to reach the emission reduction goals by 2030. By 2019, the government wants to adopt a climate protection law fixating them. Regarding the 2020 goals (a 40 percent emission cut compared to 1990), the agreement acknowledges an ‘implementation gap’ – effectively saying they’ve become unreachable within current policies. Few concrete measures want to redress this gap such as a special invitation to tender on renewable energies. We welcome that the coalition aims to increase the share of renewable energies (now roughly 29 percent) to 65 percent by 2030. As members of an internationally minded youth organisation, we call for ambitious and sustainable policies! We also welcome the envisaged climate protection law and the efforts regarding renewable energy. However, this coalition is clearly lacking ambition in climate and energy policy. The important instrument of carbon pricing is being made dependent on the cooperation of all G20 members, instead of taking the lead alongside France and other European partners. Germany can and should do better in living up to its global responsibility.”

Sebastian Levi, Simon Blätgen, Stephan Hoare

Programmbereich Klima und Energie

 

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“Das Thema Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen, auch im Rahmen der Istanbul-Konvention, wird im Koalitionsvertrag recht ausführlich behandelt. Unter anderem sollen Frauenhäuser sowie Beratungsangebote ausgebaut werden. Hier hat sich wohl die SPD durchgesetzt – das CDU/CSU-Wahlprogramm enthielt kaum Referenzen dazu. Der Koalitionsvertrag greift auch den deutlich gesunkenen Frauenanteil im neuen Bundestag auf. Als Antwort möchte die (mögliche) Koalition nun eine Bundesstiftung gründen, die sich insbesondere Fragen der gerechten Partizipation von Frauen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft widmen soll. Finden wir gut! In der Außenpolitik wird dem Thema Frauen, Frieden, Sicherheit im Rahmen der UN-Agenda 1325 größere Bedeutung eingeräumt. Die Rechte von Frauen sollen insbesondere in gewaltsamen Konflikten, aber auch in deren Bewältigung gestärkt werden. Zudem will die (mögliche) Koalition im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft Gleichstellungsthemen EU-weit vorantreiben. Auch wenn nach wie vor keine explizit feministische Außenpolitik verfolgt wird, freut es uns, dass Deutschland – zumindest auf dem Papier – in diesen drei Bereichen feministischer auftreten will. Jetzt müssen ‘nur’ noch Taten folgen.”

“The coalition agreement addresses the issue of combating violence against women, also in the context of the Istanbul Convention, in a rather detailed way. It suggests to increase support for women’s shelters and counseling services. It’s the SPD’s program shining through here – the CDU/CSU hardly referred to violence against women. The coalition agreement also picks up on the decreased proportion of female MPs in the new Bundestag and plans to establish a federal foundation dedicated primarily to supporting the participation of women in society, politics, economics and science. Way to go! Issues of women, peace and security within the framework of the Agenda 1325 take much greater space than before. The new agreement stipulates the need to strengthen women’s rights especially in violent conflicts, but also in their prevention and resolution. Moreover, the (possible) coalition wants to further promote EU-wide gender equality within the framework of the EU Council Presidency. Even though Germany is still far from pursuing an explicit feminist foreign policy, we are glad that the (possible) coalition wants to promote feminist policies in these three areas – at least on paper! Now actions have to follow suit.”

Sonja Schiffers, Vera Lamprecht, Marie Wagner

Programmbereich Frauen und Internationale Politik

 

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“Insgesamt bietet der Koalitionsvertrag eine gute Grundlage für den Ausbau der Beziehungen Deutschlands zu seinen östlichen Nachbarn. Verschiedene Länder werden im Vertrag besonders hervorgehoben. Für die Westbalkanstaaten beispielsweise werden EU-Beitrittsperspektiven und Reformbemühungen betont. Doch leider werden sicherheitspolitische Fragen und die für den Beitritt nötige Anerkennung des Kosovo durch Serbien mit keinem Wort erwähnt. Ein anderer wichtiger Schritt ist die ausdrückliche Unterstützung des deutsch-polnischen Verhältnisses. Das ist vor dem Hintergrund der aktuellen anti-freiheitlichen und den Rechtsstaat gefährdenden Entwicklungen in Polen ein wichtiges Signal. Einen besonderen Raum im Koalitionsvertrag nimmt das Verhältnis zu Russland ein. CDU, CSU und SPD finden hierzu eine ausgewogene Sprache, die sowohl den Willen zum Dialog betont, aber auch die Völkerrechtswidrigkeit der Krim-Annexion und des russischen Eingreifens im Osten der Ukraine hervorhebt. Ein möglicher Abbau der Sanktionen gegenüber Russland wird an die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen geknüpft. Das Weglassen des Wortes ’schrittweise‘ als Signal einer härteren Haltung ist begrüßenswert. Die Ukraine soll ausdrücklich in ihren Reformbemühungen unterstützt werden, u.a. durch Konditionalität bei Finanztransfers. Die OSZE und ihre Special Monitoring Mission in der Ukraine, sowie die Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft sollen verstärkt unterstützt werden. Insgesamt ein gutes Ergebnis für die Ost-West Beziehungen!”

“The coalition agreement provides a good basis to extend relations between Germany and its Eastern neighbours. Several countries are highlighted within the treaty: the coalition pledges continued support for the countries of the Western Balkans, especially concerning EU accession and ongoing reform efforts. Unfortunately, the agreement completely ignores questions of regional security and the recognition of the independence of Kosovo, a necessary condition for Serbia’s potential accession to the EU. An important step, however, is the explicit support for German-Polish relations. This is an important signal, particularly when taking into account the current anti-liberal stance of the Polish government and recent policies that threaten the rule of law. The coalition agreement also highlights the German relationship with Russia. CDU, CSU and SPD offer a fairly balanced language in this context. They stress the importance of dialogue, but are also pointing to the violation of international law committed by the Russian Federation in the context of the annexation of Crimea and interference in Eastern Ukraine. The possibility to weaken the sanction regime against Russia is clearly tied to an implementation of the Minsk agreements. The coalition treaty does not explicitly call for a gradual removal of sanctions, which can be seen as a tougher stance on Russia. It does, however, vow to support reform efforts in Ukraine, also through conditionality of financial support. The three parties aim to give additional support to the OSCE and its Special Monitoring Mission in Eastern Ukraine as well as civil society organisations in the Eastern Partnership. Overall, the agreement presents good results for East-West relations!”

Ann-Sophie Gast, Diana Klie, Niklas Kossow

Programmbereich Ost-West Beziehungen

 

 

Polis Programm Digitalisierung & Cybersicherheit

“Ich begrüße es, dass die Bundesregierung die Signifikanz hybrider Informationsverfälschung sowie den ‘Wettbewerb der Narrative und Werte’ anerkennt. Allerdings werden eine bloße Verstärkung der strategischen Auslandskommunikation und eine damit verbundene Finanzierungsspritze für die Deutsche Welle kaum nachhaltige Wettbewerbsvorteile im Kampf digitaler Deutungshoheiten bieten. Hierzu müsste in der Bundesregierung eine gemeinsame Definition desinformationeller Einflussnahme erfolgen, welche auch und vor allem auf europäischer Ebene den Weg einer gemeinsamen Verteidigungs- und Resilienzstrategie ebnen sollte. Kompetenzen sollten dabei auf deutscher und europäischer Ebene ausgeweitet, sowie aktive Resilienzmaßnahmen im digitalen Informationstraum ressortübergreifend diskutiert werden. Strategische Kommunikation sollte im digitalen Zeitalter neu gedacht und neu konnotiert werden, um außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen auch im (künftigen) Informationsraum begegnen zu können.“

“I appreciate that the German government acknowledges the significance of hybrid (dis)informational influence and the ongoing ‘competition of narratives and values’. However, strengthening strategic communications abroad and financially supporting the Deutsche Welle will not be sufficient when trying to achieve a sustainable competitive advantage in the battle of digital sovereignty of interpretations. What we need is a common definition of disinformational influence among German government agencies, which should in turn pave the way for a common European defence and resilience strategy. We need to support competencies in Germany and in Europe, and comprehensively discuss active resilience measures in digital information space. In the digital era, strategic communication needs to be redefined and differently connotated in order to brace against foreign and security policy challenges in the digital information space of the future.”

Daniel Weimert

Programmbereich The America(n)s

 

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“Wie es richtig im Koalitionsvertrag heißt: ‘Eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie setzt Datensicherheit voraus’. Umso mehr verwundert es, dass dem Thema Cybersicherheit vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Begriff taucht lediglich fünfmal auf über 170 Seiten auf. Die Handlungsvorschläge bleiben zudem häufig recht unkonkret. So wird zwar die große Relevanz der Digitalisierung für die Bundeswehr hervorgehoben, über ein ‘mehr an Ressourcen’ wird jedoch nicht hinaus gedacht. Auch die internationale Dimension der Cybersicherheit taucht nur in einem Nebensatz auf. So wird grundsätzlich der Wunsch geäußert, europaweit ‘Sicherheitsstandards für IT-Strukturen und den Schutz der kritischen Infrastruktur’ zu etablieren, was eindeutig zu begrüßen ist. Die Internationalität bleibt aber auf diesen kurzen Verweis begrenzt. Damit ist das Handlungsfeld 4, europäische und internationale Cyber-Sicherheitspolitik, der Cybersicherheitsstrategie aus dem Jahr 2016 deutlich unterrepräsentiert. Eine große Chance bietet hingegen die Einrichtung einer ‘Agentur für Disruptive Innovationen in der Cybersicherheit und Schlüsseltechnologien’ (ADIC) zusammen mit einem Ausbau des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Durch zentrale Behörden lässt sich Expertise besser bündeln, Reibungsverluste reduzieren und so die Cyber-Abwehr deutlich stärken. Zusammengefasst: Da geht noch mehr.”

“As it is correctly said in the coalition agreement: ‘A successful digitalisation strategy requires data security’. So it’s even more surprising that comparatively little attention was given to the issue of cyber security. The term was mentioned only five times on more than 170 pages. Although the relevance of the Bundeswehr’s digitalisation is highlighted, there is no idea other than ‘more resources’. The international dimension of cyber security is mentioned only in a sub-clause. While there is the wish to establish European safety standards for IT-structures and the protection of critical infrastructure which is highly recommendable, the agreement’s international orientation is limited to this wish. Therefore, area of activity 4, European and international cyber-security policy, of the 2016 cyber security strategy is underrepresented. However, a great opportunity is the establishment of the ‚Agency for Disruptive Innovation in Cyber Security and Key Technologies‘ together with the expansion of the Federal Office for Information Security. These centralised agencies pool expertise, reduce coordination losses and thereby improve cyber defence. In summary, there is still room for improvement.”

Christoph Abels, Lisa Schmechel

Programm Digitalisierung & Cybersicherheit

 

 

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Image source via pixabay

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