Eine der größten Erfolge der deutschen Ratspräsidentschaft ist die Einigung auf den siebenjährigen EU-Haushalt, der ernsthafte Debatten über europäische Grundwerte, Rechtsstaatlichkeit und Finanzen mit sich zog, und die Wertegemeinschaft Europas kurzerhand in Frage stellte.
Ein 3~Generationengespräch mit Michael Roth, Soscha zu Eulenburg und Adrian Eppel
{Das Interview fand ursprünglich am 7.01.21 auf Zoom statt}
Michael Roth, am 11.12.2020 zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurde nach langem Ringen bekannt gegeben, dass sich alle 27 Regierungschefs auf den EU-Haushalt 2021-2027 samt Rechtsstaatsmechanismus geeinigt haben. Wenige Tage darauf stimmte das EU-Parlament darüber ab. Inwiefern verbuchen Sie diesen Meilenstein als Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft?
Die Einigung auf den EU-Haushalt und den Wiederaufbaufonds inklusive des neuen Rechtsstaatsmechanismus ist sicherlich der größte Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft. Das Thema Rechtsstaatlichkeit steht bei uns seit vielen Jahren ganz oben auf der Agenda. Neben den Artikel 7-Verfahren im Rat und der Möglichkeit von Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH haben wir festgestellt, dass unser Instrumentenkasten zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in der EU noch nicht ausreichte. Nun konnten ohne vertragliche Änderungen zwei neue Instrumente eingeführt werden: Zum einen der sogenannte Rechtsstaatsmechanismus im EU-Budget, mit dem EU-Gelder an rechtsstaatliche Prinzipien geknüpft werden und bei Verstößen der Geldhahn aus Brüssel entsprechend gedrosselt werden kann. In Deutschland ist das aufgrund der schieren Größe unseres Haushalts vielleicht weniger greifbar, aber in einigen Mitgliedstaaten hängen mehr als die Hälfte der öffentlichen Investitionen an EU-Mitteln. Wir sollten die Auswirkungen dieses Instruments also nicht unterschätzen.
Und zum anderen haben wir in unserer Ratspräsidentschaft einen neuen Rechtsstaatsdialog, bzw. Rechtsstaatscheck eingeführt, in dem alle Mitgliedstaaten erstmalig die Lage der Rechtsstaatlichkeit in ihrem Land reihum überprüfen lassen. Ziel ist es, durch eine offene und konstruktive Diskussion voneinander zu lernen, aber auch problematische Tendenzen frühzeitig zu erkennen. Anders als bei den Finanzsanktionen, eben bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wir hatten im November bereits einen ersten Durchlauf mit fünf Mitgliedstaaten {Belgien, Bulgarien, Dänemark, Tschechien und Estland}, der sehr gut verlief. Unter der jetzigen portugiesischen Ratspräsidentschaft wird sich auch Deutschland diesem „peer review“ unterziehen. Das wird sicher spannend, denn auch in Deutschland gibt es Verbesserungsbedarf. Diese beiden neuen Instrumente ergänzen einander und erweitern ganz substanziell unseren Instrumentenkasten zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit. Daher kann sich unsere Bilanz im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sehen lassen.
Konditionalitäten sind Teil des Prinzips “Fördern und Fordern” mit dem Ziel, demokratische Werte und gleichzeitig die europäische Wirtschaft zu stärken. Braucht es in einem heterogenen, pluralistischen Europa künftig mehr Diskussionen über solche Bedingungen für eine EU-Mitgliedschaft? Oder birgt die Diskussion über den Mechanismus eine Gefahr für die EU?
Michael: Wir haben die Diskussion ja initiiert. Und zum ersten Mal wurde ernsthaft darüber gesprochen, unter RegierungschefInnen und in der Öffentlichkeit – und nicht nur unter uns EuropaministerInnen und EU-Abgeordneten. Rechtsstaatlichkeit ist mehr als ein Wert von vielen – sie ist die Garantie für all unsere Grundwerte und Freiheiten. Demokratie und Rechtsstaat sind untrennbar verbunden. Und daher dürfen wir uns vor dieser Debatte auch nicht drücken: die EU ist allen voran eine Rechts- und Wertegemeinschaft. Das ist bei Eintritt in die EU jedem Land klar und da kann es auch keine Rabatte geben. Der Austausch mit der Zivilgesellschaft ist hier ebenso wichtig. Kritik und Widerspruch müssen geäußert, gehört und aufgenommen werden. Das Thema wird uns sicher noch sehr lange beschäftigen, denn es geht nicht nur um das Pro oder Kontra der Werte: Es geht um ein klares Bekenntnis zu dem, was uns eben zu Europäerinnen und Europäern macht. Das ist weniger eine Frage der Geografie als von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Medienvielfalt, Meinungsfreiheit, unabhängiger Justiz, Respekt gegenüber Minderheiten.
Soscha: Es ist wichtig, dass wir alle verstehen, wie grundsätzlich schwierig dieses Thema ist. Wenn Legislaturperioden enden, beginnen neue. Darum müssen neue Regelungen im Vertrag festgehalten werden. Europa muss von innen gestärkt werden und das geht nur über die Zivilgesellschaft.
Adrian: Die EU betont immer unsere Wertegemeinschaft. Rechtsstaatlichkeit kann daher nicht verhandelbar sein. Daher ist es richtig und notwendig, dass der Mechanismus jetzt eingeführt wurde. Hätte man dieses Thema noch länger aufgeschoben, wäre es später eventuell noch schwerer geworden, sich einstimmig darauf zu einigen. Es war also höchste Zeit. Das zähe Ringen bei dieser Diskussion zeigt allerdings auch, dass es ein Versäumnis war, dies nicht vorher zu tun und den Rechtsstaatsmechanismus beispielsweise bereits im Lissabon-Vertrag zu verankern.
Warum ist die Rechtsstaatlichkeit so wichtig für Europa? Ist sie historisch gesehen eher westlich geprägt? Warum sind es östliche Mitglieder, die dagegen rebellieren?
Adrian: Auf allen Kontinenten gibt es Freihandelszonen, überstaatliche Institutionen, teilweise auch mit einer gemeinsamen Währung. Aber bei keinem Binnenmarkt werden die Rechtsstaatlichkeit und die demokratischen Werte so sehr betont wie in der Europäischen Union. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal!
Damit das vor allem glaubwürdig bleibt, ist es wichtig, dass der festgelegte Rechtsstaatsmechanismus nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch rigoros umgesetzt wird. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass Rechtsstaatlichkeit nicht nur ein abstraktes Konzept ist, mit dem man sich schmücken kann, sondern ganz konkret direkte Auswirkungen auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger, und auf kleine und große Unternehmen hat. Rechtsstaatlichkeit bedeutet genau so Investitionssicherheit wie es Presse- und Meinungsfreiheit garantiert – sowie Planbarkeit und ist darum im Umkehrschluss das Gegenteil von Willkür.
Staaten europäisch-westlicher Prägung mögen weltweit eine treibende Kraft beim Thema Rechtsstaatlichkeit sein, sie sind jedoch nicht alleine. Im Rule of Law Index vom World Justice Project sind auch asiatische Staaten oder Regierungen wie Japan, Südkorea, Singapur und Hong Kong weit vorne, sogar vor Frankreich und den USA. Innerhalb der EU liegen z.B. Estland und die Tschechische Republik vor Spanien und Frankreich. Ich würde also keine geografische Tendenz daraus ablesen, sondern das Kriterium der Fragilität bzw. der Stabilität der Demokratien und ihren Institutionen anwenden. In diesem Fall sind es nationalistische bzw. populistische Regierungen, die in Polen und Ungarn an der Macht sind und mit spaltender Rhetorik und Politik versuchen, die europäische Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.
Soscha: Ohne Rechtssicherheit kein Europa. Wir müssen uns heute auf jene Abmachungen verlassen können. Diese Werte sind im Übrigen auch gesellschaftliche Grundlagen in anderen Ländern auf dieser Welt, nicht nur im Westen. Als ich 1952 auf die “Ur”-Europaschule in Luxemburg kam, waren unsere Eltern, die für Europa arbeiteten, davon überzeugt, dass der Aufbau einer europäischen Gemeinschaft nur mit Rechtssicherheit möglich ist. So erst haben die anderen Europäer es überhaupt für möglich gehalten, dass wir {wieder} Teil dieser Gemeinschaft sein können. Wir deutschen Kinder hatten in der Nachkriegszeit ohnehin eine schwierige Zeit im Ausland.
Michael: Auch im Hinblick auf die Anfänge der UN-Menschenrechtskonvention beispielsweise sehen wir, dass Rechtsstaatsprinzipien nicht allein westlich geprägt sind. Sie speisen sich aus vielen Quellen, beispielsweise unseren Erfahrungen aus der Aufklärung, des Liberalismus und Humanismus und unserer christlich-jüdisch geprägten Geschichte. Aber diese Werte sind eben universell! Mit der Unterzeichnung der EU-Verträge bekennen sich Länder zu einem Werteverständnis. Und die Rechtsstaatlichkeit gehört zum Wesenskern der EU. Sie darf uns nicht spalten, sondern muss uns einen, wenn die EU als Werte- und Rechtsgemeinschaft auch international wirklich ernstgenommen werden will. Nur wenn wir die europäischen Werte im Innern leben, können wir unsere Werte auch glaubwürdig nach außen vertreten.
Wie können EuropäerInnen gesellschaftlich durch beispielsweise kulturelle Arbeit den europäischen Gedanken voranbringen und für das gemeinsame Werteverständnis bei möglichen neuen EU-Mitgliedern werben?
Adrian: Der Werdegang von Soscha ist wirklich ein gutes Beispiel und zeigt, dass wenn interkultureller Austausch früh gefördert wird, sei es von Schulen, Universitäten {Erasmus+} oder kirchlichen Einrichtungen, die Zivilgesellschaft nachhaltig gestärkt wird für mehr Verständnis und Engagement für unsere Werte. Für neue Beitrittskandidaten sollten die Vorteile der Mechanismen, für die wir eintreten, verdeutlicht werden. Es geht nicht nur um Machtverlust oder Übertragung der Macht von den nationalen Hauptstädten an Brüssel, sondern auch um bessere Planbarkeit.
Soscha: Interessant ist, dass das Vereinigte Königreich das Erasmus-Programm damals als erstes gestrichen hat. Vielleicht weil es zu erfolgreich, zu europäisch war? Während meiner Zeit als Vizepräsidentin des Roten Kreuzes haben wir viel darüber gesprochen, den Europäischen Freiwilligendienst en marche zu setzen. Ich war damals ganz viel in den neuen Bundesländern und habe gesehen, wie Ausbildungsplätze massenweise weg brachen. Wir haben dann das Freiwillige Soziale Jahr für 40 StipendantInnen aus Ostdeutschland in London ins Leben gerufen. In den ersten drei Jahren hab ich dafür Geld in der Wirtschaft gesammelt. Als ich sah, wie gut das läuft, hab ich mich in Brüssel für eine europaweite Installierung eines solchen Programms eingesetzt, unter anderem mit Unterstützung der damaligen Kommissarin Edith Cresson. Viele kleinere Probleme zu lösen, ist eine sinnvolle Methode, um Schritt für Schritt weiterzukommen in der gemeinsamen Arbeit an Europa. Es macht auch noch große Freude. Rentner sind mittlerweile ebenfalls stark einbezogen. Man kann aber noch mehr machen. Zum Beispiel wäre ein Erasmus-Programm für Azubis sinnvoll.
Michael: Es gibt bereits viele Austauschprogramme. Wichtig ist aber, dass dieser Austausch nicht nur ein eher elitäres Bildungsprojekt ist. Der europäische Gedanke lebt von Begegnungen und Erfahrungen, dem Zwischenmenschlichen. Das sollten wir mehr hervorheben. Menschen treffen aufeinander, lernen sich kennen und verstehen oder auch lieben. Nationalstaaten machen sich etwas vor, wenn sie meinen, in einer globalisierten Welt im Wesentlichen alles allein regeln zu können. Mehr politische Gestaltungskraft in und für Europa ist kein Verlust von Kompetenzen oder Souveränität für Nationen und Regionen, vielmehr ist es ein Gewinn für jeden Mitgliedstaat, das erleben wir auch gerade jetzt in der Pandemie. Das ist nun wirklich keine juristische Debatte, sondern eine im besten Sinne politische. Sie sollte auch emotional geführt werden.
Herr Roth, Sie haben sich sehr für Rechtsstaatlichkeit während Deutschlands EU-Ratspräsidentschaft eingesetzt. Am Herzen liegen Ihnen die Themen Menschenrechte, LGBTI-Rechte, Soziale- und Klimagerechtigkeit. Was können Sie und wir als Zivilgesellschaft bspw. gegen “LGBT-freie Zonen” tun?
Michael: Man muss von der Politik erwarten können, dass sie sich auf der Höhe der Zeit bewegt und sich konsequent für Gleichberechtigung und Gleichstellung einsetzt. Auch bei uns hat das Jahrzehnte gebraucht und wir sind noch immer nicht am Ziel. Angesichts der Entwicklungen in Polen und Ungarn haben einige in der EU zu lange geschwiegen. Von Diskriminierung und Ausgrenzung Betroffene dürfen aber nicht allein gelassen werden. Auch wir erleben in Deutschland immer noch Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Homophobie und Demokratieverachtung. Darüber sollte auch im neu etablierten Rechtsstaatscheck gesprochen werden. Eine kritikwürdige Regierung darf aber nicht mit einem Land gleichgesetzt werden, vergessen wir niemals die Zivilgesellschaft, die unsere Solidarität gerade dort braucht. Deswegen ist es so wichtig, dass wir Flagge zeigen: jede und jeder einzelne. Ich motiviere Vereine und zivilgesellschaftliche Organisationen dazu, sich in der EU noch besser zu vernetzen, das Engagement europaweit zu denken, die Arbeit zu koordinieren und voneinander zu lernen.
“Wenn sich zwischen den verfassungsmäßigen Teilen des Staates kein eindeutiges Verhältnis mehr festlegen läßt oder wenn unüberwindliche Gründe deren Beziehungen dauernd beeinträchtigen, dann wird ein besonderes Amt errichtet, das mit den anderen keinerlei Verbindung eingeht, das jedes Glied in sein wirkliches Verhältnis verweist und das eine Verbindung oder ein Mittelglied bildet entweder zwischen Fürst und Volk oder zwischen Fürst und Souverän oder gleichzeitig zwischen beiden Seiten, wenn es nottut. Diese Körperschaft, die ich Tribunat nennen werde, ist die Bewahrerin der Gesetze und der Legislative. Sie dient manchmal dazu, den Souverän vor der Regierung zu schützen, wie dies in Rom die Volkstribunen taten, manchmal dazu, die Regierung gegen das Volk zu unterstützen, wie es jetzt der Rat in Venedig tut, und manchmal dazu, zwischen beiden Seiten das Gleichgewicht zu halten, wie es die Ephoren in Sparta taten.”
Das schrieb Jean-Jacques Rousseau 1769 in seinem Gesellschaftsvertrag. Die Gewaltenteilung war zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Europa die Priorität während der politischen Umwälzung. Welche Herausforderungen werden uns EuropäerInnen in den nächsten Jahren begegnen? Wie optimistisch seid ihr?
Soscha: Wir können alle nicht in Glaskugeln lesen, aber das was sich im Moment darstellt, müssen wir weiterverfolgen und das ist genug Arbeit. Flexibilität muss sein, um angemessen zu reagieren. Europa ist fragil und wir müssen unser Bestes geben. Damals hatten wir das Ideal von einem gemeinsamen Europa. Nichts war in Stein gemeißelt. Wir lebten jeden Tag in der konkreten Wirklichkeit und träumten gleichzeitig von einem vereinten Europa. Heute ist das alles sehr normal, was auch fantastisch ist. Doch das Bewusstsein von möglichen Gefahren sollte uns ermutigen, sich konkret für Europa einzusetzen.
Adrian: Die Aufbruchstimmung, die Soscha in den 1950er Jahren miterlebt hat, zeigt, dass so etwas einer Generation einen Schub geben kann. Im 21. Jahrhundert sehen wir nun neue Bewegungen und Ansätze, für ein geeintes und engagiertes Europa. Austauschprogramme wie Erasmus wirken und sind die Wegbereiter für weiteres Engagement. Organisationen wie die Jungen Europäischen Föderalisten, Polis180 und seine Partner-Thinktanks in Europa sind der Beleg für eine junge Generation, die sich Gedanken macht, wie man eine europäische Zukunft gestalten kann. Dieses Engagement spiegelt sich durch Bewegungen wie Fridays for Future und Pulse of Europe auch auf der Straße wider und belegt den zukunftsorientierten Gestaltungsanspruch.
Eine große Herausforderung wird darin bestehen, immer heterogener werdende Gesellschaften zusammen zu halten. Diese Heterogenität kann zu Fragilität führen und wird sich auch in den Parlamenten und Regierungen in Europa widerspiegeln. Ich war lange optimistisch, aber dieser Optimismus wurde in den letzten Jahren, auch mit dem Blick über den Atlantik, etwas gedrosselt. Wir haben gesehen, dass wir unsere Demokratie nicht für selbstverständlich halten können und sie weiterhin pflegen müssen.
Michael: Optimismus und Angst schließen sich ja nicht aus, doch darf man sich nicht von Ängsten leiten lassen. Das europäische Modell beruht ja auf einer einzigartigen Verknüpfung von Frieden, Sicherheit, Ordnung und Wohlstand einerseits und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Solidarität andererseits. Es steht aber in einem knallharten Wettbewerb mit autoritären Modellen, die eben auch Wohlstand, Ordnung und Sicherheit versprechen, aber eben Menschenrechte und Demokratie geringschätzen. Und in Zeiten einer furchtbaren Pandemie müssen wir als EU beweisen, liberale Demokratien und offene Gesellschaften können Krise. Das erscheint mir auch im Hinblick auf andere Bewährungsproben wie Klimawandel und Digitalisierung die zentrale Herausforderung für die EU zu sein.
Bis Ende des Jahres veröffentlichen wir auf dem Polis Blog exklusive Beiträge auf deutsch und englisch im Rahmen unseres neuen Projekts Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft von jungen Europaexpert*innen analysiert. Unser Fokus liegt dabei auf die priorisierten Themen der deutschen Ratspräsidentschaft wie Klimawandel, der Umgang mit Einschränkungen von Pressefreiheit und Justiz z.B. in Belarus, Polen oder Ungarn, Brexit, Agrarpolitik, Digitalisierung, Multilateralismus sowie Rechtsstaatlichkeit.
Das Projekt wird gefördert vom Auswärtigen Amt.
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Bildquelle via Soscha zu Eulenburg (erste Europaschule in Luxemburg circa 1954)
Key Takeaways
Rule of law in Europe: where we come from and where we go
Of immense success during Germany’s EU Council presidency was the unanimous vote on the budget for 2021-2027, following rounds of debates about subsidiarity and European principles that are now directly linked to financial support. Poland and Hungary threatened to veto the entire budget. But as overcoming Europe’s recession seems to be in everyone’s interest, a new conditionality to protect EU funds is to be implemented from 1st January 2021 onwards. The rule of law is a crucial element of the European Union’s values-based foundation, that now appears to be in doubt. Is it because these values are more Western-influenced and enlightenment-rooted or is the EU not as unified as she wishes to be between East and West?
A lack of unity raises arguments defending supranationality and on the other hand refusing excessive political interference in national matters. That conflict of interests accompanies each member state in its history as part of the European Community. For this interview, three Generations came together {virtually on Zoom} to talk about the rule of law, what it means today and what it meant back in the early 1950s when Europe’s faith was mediated {again}. Germany’s Minister of State for Europe Michael Roth, Soscha zu Eulenburg, board member of Pulse of Europe and a child of European integration in post-war Europe, as well as Polis180 member Adrian Eppel answered questions about European values, and what makes Europe strong from within.
The first question was directed at Minister Michael Roth and how he considered the agreement about including a mechanism of rule of law into the next Multiannual Financial Framework {MFF} to be a success of Germany’s Council presidency. He himself contributed as part of many state visits and discussions to the rule of law conditionality in these last 6 months, which was thankfully agreed upon, along with a new regular review mechanism. But if for instance Hungary independently decides to change {human rights} laws such as gender recognition on birth certificates or if they ban adoption by same-sex couples, which is always followed by criticism, especially from the LGBT*-community, do we then need more debate about what unites us or do {more} conditionalities reveal a deeper cut between us? According to Michael, recent {media} attention was raised in order to bring more transparency and support to it. It was actually the first time that heads of states and the public discussed the importance of the rule of law for the EU. He concluded that this topic is here to stay and with all its pros and cons, the approval for a binding mechanism for all 27 member states is a great step forward. The debate includes, however, not only allegations of Western decadence versus traditional Christian values or interpreting the clash of cultures, but also gender equality, women’s rights and minority rights.
On the question whether the rule of law is rather Western influenced, Adrian replied that free trade agreements or supranational institutions exist everywhere, but no internal market emphasises democratic values as much as the EU. That makes the EU unique. Yet such mechanisms must be fully implemented in order to assert credibility. The rule of law guarantees furthermore safe investments and free speech. In the global Rule of Law Index, Asian countries like Japan, South Korea, Singapore and Hong Kong are ahead of Western democracies like France or the U.S. In Europe, Estonia and the Czech Republic perform better than Spain or France. Thus, it is less a question of geography but more a sign of either fragile or stable democracies and their institutions. Poland and Hungary are undermining such principles with explicit EU sceptic campaigns and policies, causing more division among people.
Soscha, who was one of the first students to attend Luxembourg’s original European school in 1952 {shown in the picture above}, talked about the idea of a European Community, the early stages basically, and how important the commitment to the rule of law was especially for Germany to be accepted in any community shortly after the war. When asked what civil society can do to take the idea further and promote a shared understanding of values in light of EU enlargement prospects {e.g. for the Western Balkans}, she mentioned the EU’s popular educational exchange programmes such as Erasmus+ and the European Solidarity Corps. As Vice-President of the Red Cross, she was pushing for such exchange programmes that did not exist at the time. When she visited the former GDR in the early 1990s, she initiated a voluntary social year for 40 East German students in London. That successful initiative gave her confidence to take the idea of a European voluntary year to Brussels, and so the programme was born. Soscha highlighted thereby how much you can achieve in Europe {for Europe}, if you really want.
Everyone agreed that such programmes should not solely support university students and become privileged educational projects. We also spoke about civil society commitment and how movements like Fridays for Future and Pulse of Europe show that European interconnectedness and an open mind for foreign languages {there are 24 official languages out of 27 EU members} and cultural difference surely shape a collective Europeanness that leads to actual integration and a common understanding of our values-based system, from East to West.
In 1769, Jean-Jacques Rousseau introduced the separation of power or in other words the rule of law. When asked what challenges lie ahead and how optimistic everyone is about the future, Soscha began by saying that Europe will always be fragile, which is why we must do our best to keep the European idea alive. What seems normal today was completely new seventy years ago, which is fantastic. Adrian pointed out that Polis180 as part of the Open Think Tank Network works vividly on new {foreign policy} ideas and in that way contributes to shaping Europe’s future from a young generation’s perspective. But personally he feels less optimistic than a few years ago about democracy in Europe, especially considering how fragile democracy has shown to be across the Atlantic. Finally, Michael Roth encouraged us to remain positive, even if the here and now looks dire. Us Europeans, we don’t give up hope, after all these years and now during this pandemic. Challenges for us are climate change, digitisation, and that everyone in Europe actually lives a good life and has their human rights respected.
Adrian ist seit 2016 aktives Mitglied bei Polis180 und lehrt an der Universität Freiburg “Einführung in das Europarecht”. Bei Polis180 hat er sich im Rahmen von Veranstaltungen und Publikationen vor allem mit Szenarien für ein Post-Brexit-Europa, und mit Demokratie und Bürgernähe in der EU auseinandergesetzt.
Soscha kam 1952{-62} mit sechs Jahren auf die erste Europaschule in Luxemburg. Danach studierte sie Politikwissenschaften. Von 1992-2010 war sie Mitglied des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und von 1990-2006 Vizepräsidentin des DRK. Soscha co-gründete Innocence in Danger. Aktuell ist sie Vorstandsmitglied von Pulse of Europe.
Michael ist seit 2013 Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt. Ihm liegt das Engagement der jüngeren Generation besonders am Herzen, weswegen er auch bereits bei mehreren Polis180-Veranstaltungen zu Gast war.