Um die Midterm Elections 2018 mit allen Mitteln zu gewinnen, deuten die Republikaner auf ihre Erfolge hin, wie die Besetzung des Verfassungsgerichts und die Steuerreform, während Donald Trumps Verhalten die Außen- und Handelspolitik gefährdet. Doch mangelnde Kritik an Trump sowie die kontroverse Führung der Republikaner im Kongress stellen ein größeres Problem im Kampf um eine Mehrheit dar.
Ein Beitrag von Orchan Ali-sade
Die Zwischenwahlen in den USA sind üblicherweise ein Stimmungstest und ein Votum über die Zufriedenheit der Bevölkerung über die aktuelle Politik des Präsidenten. In der Regel verliert die Partei des Präsidenten einige Sitze im Kongress. Die Wahlen dieses Jahr stellen jedoch ein größeres Risiko dar, noch mehr Sitze als sonst zu verlieren, da überraschend viele Republikaner aus Frustration über die aktuelle politische Lage ihre Posten im Kongress verlassen. Der wohl größte Faktor, der die Wahlen für die Republikaner schwierig gestalten kann, ist die Nachlässigkeit und Zufriedenheit im Kongress mit Trump, weil sich diese auch auf die Außenpolitik auswirkt beziehungsweise die Unfähigkeit, sich gegen die Inkompetenz aus dem Weißen Haus zu wehren, die die internationale Vertrauenswürdigkeit der USA untergräbt.
Die Priorität der Republikaner ist es, ihre politischen Ziele durchzusetzen und bedeutende Positionen (besonders Richterposten) mit Konservativen zu besetzen, die die US Innen-, Außen- und Handelspolitik für die nächsten Jahrzehnte formen werden. Besonders nach dem Treffen zwischen Trump und Putin in Helsinki dieses Jahr, und den zahlreichen Sticheleien gegen wichtige Nato- und Handelspartner ist klar, dass der Pragmatismus der Republikaner nun an einem gefährlichen Punkt ist.
Resignation statt Gegenwehr
Seit dem Amtsantritt Donald Trumps sind seine Kritiker immer stiller geworden. Nach dem Tod von Senator John McCain, ein durchaus gefeierter Kriegsveteran und republikanische Leitfigur, der seine Plattform dazu genutzt hat, Trump und seine Politik zu kritisieren, scheint ein neuer Tiefpunkt erreicht. McCain hatte noch letztes Jahr gemeinsam mit Senatorin Susan Collins und Lisa Murkowski, beide ebenfalls kritische Stimmen im Kongress, als einzige drei Republikaner gegen die Abschaffung von Kernstücken von Obamacare (The Affordable Care Act) gestimmt und damit Trumps Vorhaben verhindert. Andere Republikaner wie Lindsey Graham sind nun auch über die letzten Monate hinweg immer weiter zu Trump gerückt. Die wenigen noch verbleibenden kritischen Republikaner haben bereits angekündigt, nicht erneut zu kandidieren.
Senator Bob Corker, der mit Aussagen wie, dass das Weiße Haus eine Kindertagesstätte für Erwachsene sei, für Aufsehen gesorgt hat, ist auch seither verstummt. Anstatt sich aktiv gegen Trump zu wehren und die Parteilinie umzulenken, kündigte er an, keine Wiederwahl erzielen zu wollen. Ebenso plant Senator Jeff Flake, der sagte, dass die Republikanische Partei nicht das Land führen solle und Trumps Kritik an den Median an Stalin erinnert, sich nicht zur Wiederwahl zu stellen. Beide nannten die aktuell schwierige politische Lage als Grund. Insgesamt haben 44 Republikaner dieselbe Entscheidung getroffen, sich aus dem Kongress zurückzuziehen. Eine deutlich höhere Zahl an Resignationen als bei den Demokraten, was die Republikaner angreifbarer während der nächsten Wahlen macht.
Angesichts der chaotischen Situation in der Republikanischen Partei hat Paul Ryan, der Sprecher des Repräsentantenhauses, sich ebenfalls dazu entschlossen, nach seiner jetzigen Amtsperiode nicht erneut anzutreten. Sein Grund ist, wie bei vielen anderen wahrscheinlich auch, sich so weit wie möglich von Trump und der aktuellen Politik zu distanzieren, um zu einem späteren Zeitpunkt in die Politik zurückzukehren. Jim Jordan, Mitbegründer des Freedom Causus, einer extrem konservativen Bewegung innerhalb der Republikanischen Partei, hat sich schon hinter den Kulissen für die Übernahme des Postens als Sprecher des Repräsentantenhauses ausgesprochen. Er könnte die aktuell sehr konservative Haltung der Republikaner im Repräsentantenhaus noch verstärken.
Pragmatismus vs. Optimismus
Republikaner, bei denen der Frust über Trump und die eigene Partei sie nicht zum Rücktritt zwingt, neigen dazu, Trump still zu tolerieren. Die politischen Erfolge, wie die Besetzung des Verfassungsgerichtes und die Steuerreform, sind höher priorisiert als die Einhaltung von klassischen politischen Normen. Das ist nicht überraschend, da fast über 70 Prozent der republikanischen Wählerschaft Trumps Politik unterstützen. Dieser Rückhalt ist sichtbar bei Stimmabgaben zu Gesetzentwürfen und Nominierungen. Selbst die härtesten Trump Kritiker, wie Collins, Murkowski, Flake und Corker haben für die Steuerreform gestimmt und Neil Gorsuch als Verfassungsrichter bestätigt. Beides wäre ohne einen republikanischen Präsidenten nicht möglich gewesen. Deshalb geht es den Republiken nicht zwangsläufig darum, Trump zu entwerten und sich gegen den Verfall von politischen Normen und Werten zu wehren, sondern politische Ziele mit seiner Hilfe zu erreichen.
Diese pragmatische und opportunistische Instrumentalisierung von Trump innerhalb der Partei hat gefährliche Folgen. Denn die Unterstützung und der Mangel an offener Kritik an Trump aus den Reihen der Republikaner ändert sich auch bei Entscheidungen, die gegen ihre etablierten Interessen und Prinzipien laufen, ebenfalls nicht. Es werden alte Prinzipien und Normen verworfen. Der Aufschrei, als Trump Strafzölle auf Aluminium und Stahl ankündigte, war groß von Seiten der Republikaner, Demokraten und von Unternehmen. Doch eine tatsächliche Konfrontation mit Trump über die beabsichtigten Zölle und Handelskonflikte folgte nicht. Anfang des Jahres planten Republikaner im Kongress, eventuell ein Gesetz zu verabschieden, welches die Einführung von Zöllen verhindern sollte. Ben Sasse, Republikaner aus Nebraska, sagte, dass diese Zölle, die hauptsächlich gegen enge Handelspartner gerichtet sind, “dumm” seien. Es gab neben ihm seither ausreichend Stimmen gegen Zölle. Konkret ist jedoch nichts passiert.
Man möchte sich schließlich die Beziehung mit dem Weißen Haus nicht verspielen und Trump nicht verärgern. Mitch McConnell hat nach der Ankündigung von weiteren Zöllen gegen China gesagt: “Niemand gewinnt in einem Handelskrieg”. Jedoch hat McConnell gleichzeitig bestätigt, dass Trump die Autorität hat, diese zu implementieren, ohne Gegenmaßnahmen anzubieten. Dieses Verhalten ist exemplarisch für die generelle Haltung der Republikaner Trump gegenüber. Sie warten ab und setzten im Kongress durch, was sie können. Zurzeit wird der zweite Sitz für das Verfassungsgericht vergeben, was eine höhere Priorität einnimmt, als sich in einen direkten Konflikt mit Trump zu begeben.
Während der Midterm Elections wird sich daher zeigen, ob die Wähler diese Strategie der Republikanischen Partei unterstützen, oder ob sie eine direkte Konfrontation und Verteidigung der bisher etablierten politischen Werte und Normen verlangen. Die Chancen der Demokraten stehen nicht schlecht, dies im Wahlkampf zu verwenden und einige Sitze im Kongress zu erlangen, selbst wenn es zu einer Mehrheit nicht ausreichen sollte.
Ausblick: Blue Wave?
Die Republikanische Partei wird zurzeit so kurz vor den Wahlen nur noch durch ihre konservative Ideologie zusammengehalten. Trump selbst hat wohl wenig positiven Einfluss auf die breite Wählerschaft außerhalb seiner treuen Basis. Es geht nicht zwangsläufig um die Person Trump oder was er verkörpert unter den Republikanern, sondern eher darum, die konservative Haltung so sehr wie möglich zu verankern.
Die Demokraten sollten dies in den Midterm Elections nutzen, um Wähler auf ihre Seite zu ziehen, auch wenn die Chance auf eine Mehrheit in beiden Kammern schlecht stehen. Einige Umfragen sprechen für einen Sieg der Demokraten im November, andere Hochrechnungen und Spekulationen dagegen. Die Erfolgschancen sind schwer abzuschätzen, jedoch wäre es aus meiner Sicht möglich, zumindest einige zusätzliche Sitze im Repräsentantenhaus zu erlangen, wenn die kontroversen und heuchlerischen Aspekte der Republikaner gekonnt im Wahlkampf thematisiert werden. Es ist ebenfalls möglich, dass viele Wähler, die sich von Trump betrogen fühlen, besonders diejenigen, die von Steuererleichterungen, Strafzöllen und Handelskriegen nicht profitieren oder sogar unter diesen leiden, eventuell für Demokraten stimmen könnten.
Ein Sieg der Demokraten würde eine schon lange notwendige und gesunde Balance im politischen System herstellen, welche Trump und die Republikaner dazu zwingt, mit ihnen zu kooperieren, um Posten zu füllen und Gesetze zu verabschieden. Inwieweit aber Hochrechnungen, Umfragen und Statistiken, die zurzeit durchwachsen für eine demokratische Mehrheit aussehen, ernst zu nehmen sind, wenige Wochen vor den Wahlen, sollte in Frage gestellt werden, da die Zahlen vor den Präsidentschaftswahlen 2016 auch eindeutig gegen Trump standen. In dem Sinne ist alles möglich im kommenden November.
Die Midterm Elections-Reihe von The America(n)s analysiert, bewertet und kommentiert in den Monaten vor der Wahl in den USA die politische Entwicklungen, die außenpolitische Konsequenzen, insbesondere auf die transatlantischen Beziehungen, haben. Begleitet wird die Blogreihe durch eine Q&A Reihe auf Instagram.
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Bildquelle: Elliott Stallion (via unsplash)