Polisblog
10. Mai 2016

Stellt COP21 einen Paradigmenwechsel in internationalen Klimaverhandlungen dar?

Am 22. April wurde das Klimaabkommen von Paris zur Signatur der Staaten freigegeben. Nach den sich überschlagenden Meldungen zum Erfolg der Verhandlungen im Dezember 2015, richtete sich das Augenmerk einmal mehr auf das internationale Klimaschutzregime.

Ein Beitrag von Lilly Höhn

 

‚Coalition of High Ambition’

Seit der Gründung der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) kommen die Vertreter aller Staaten regelmäßig in Form der so genannten COPs (Conferences of the Parties) zusammen, um ein gemeinsames Klimaabkommen zu erzielen, das die durchschnittliche Erderwärmung unter zwei Grad Celsius halten soll. Dabei ist es ein regelrechtes Kunststück, alle über 195 Teilnehmer mit ihren unterschiedlichen Interessen zu einer Einigung zu bringen. Nach dem Desaster in Kopenhagen bestehen weiterhin Interessenkonflikte, besonders zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Um so wertvoller ist die Einigung von Paris und jenes Abkommen mit der Formulierung „well below 2 degrees“.

Die französische Regierung setzte sich klar zum Ziel, den Pariser Gipfel zu einem diplomatischen Erfolg zu machen. Trotz der Terroranschläge vom 13. November, fand die Konferenz vielversprechend statt und einen Teil des Erfolgs lässt sich durch einen neuen Ansatz in der Klimadiplomatie erklären. Im Gegensatz zu den vergangenen Gipfeln versuchten die Industriestaaten nicht nach dem Top-down-Prinzip der internationalen Gemeinschaft ein verbindliches Klimaziel aufzudrängen, sondern alle Akteure in Form einer ‚coalition of high ambition’ aktiv miteinzubeziehen. Einer Zweiteilung der Verhandlungspartner in Industrie- und Entwicklungsländer wurde somit ein Ende gesetzt.

Der Erfolg der intensiven Vorbereitungen

Alle Staaten wurden im Vorfeld der Klimaverhandlungen dazu aufgefordert, INDCs (Intended National Determined Contributions) einzureichen und somit ihre individuellen Klimaziele zu definieren. 186 Staaten haben sich dem angenommen. Einige bilaterale Gespräche waren im Vorfeld wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einem internationalen Abkommen. Außerdem fand ein aktiver Austausch mit der Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft statt, auch die lokale Ebene wurde durch Städtepartnerschaften miteinbezogen. Die Zustimmung vieler Schlüsselländer für das internationale Klimaabkommen, hat den Erfolg der Verhandlungen ebenfalls unterstützt.

Aber auch die Positionen Chinas und Indiens, Staaten mit einem raschen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, waren bei diesem Gipfel von entscheidender Bedeutung. Förderlich ist zudem die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien. Gerade für Schwellenländer stellen neue Technologien eine Möglichkeit dar, ihre Energieversorgung auszubauen, neue Arbeitsmärkte zu schaffen und unabhängiger von Importen zu werden.

Zwischen Optimismus und Ernüchterung

Die COP21 erhielt eine mediale Aufmerksamkeit und Beteiligung der Privatwirtschaft in einer Dynamik, die vorher nicht existierte. Das Thema der Nachhaltigkeit hat deutlich an Popularität gewonnen. Einige sprechen sich in der Öffentlichkeit für den Klimaschutz aus, während große Finanzinstitute und Versicherungen erklärten, nicht mehr in fossile Energien investieren zu wollen.  

Doch auch wenn sich das Prinzip der Klimaverhandlungen hybrider gestaltet als zuvor und eine enorme Anzahl an Akteuren im Entscheidungsprozess mitmischen, kann von einem Bruch im Sinne des Paradigmas Platons nicht gesprochen werden. Nach Platon sind Paradigmen die Urbilder der sinnlich wahrnehmbaren Dinge. Sie werden für „ewig, unveränderlich und ermöglichend“ gehalten. In The Structure of Scientific Revolution beschreibt Thomas Kuhn den Paradigmenwechsel als ein nicht plötzlich eintretendes Phänomen, sondern als einen Prozess, der in mehreren kleinen Schritten erfolgt.

Hinsichtlich des Pariser Abkommens handelt es sich um ebenso eine pragmatische Erweiterung des Prozesses der Klimaverhandlungen, indem weitere Akteure und Ansätze miteinbezogen werden. Der französischen Präsidentschaft ist es gelungen, Brücken zwischen verschiedenen Ebenen und Interessensgruppen zu schlagen. Dafür war eine besonders bedachte Abwägung von Verhandlungen und gleichzeitig eine präzise geplante Organisation notwendig. Das entscheidende Mittel zum Erfolg in Paris war ein Umdenken weg vom ökologisch-normativ Notwendigen hin zum politisch-diplomatisch Machbaren. Die genannten Rahmenbedingungen taten ihr Übriges.

Das Abkommen kann durchaus kritisiert werden, da es nur in Teilen verpflichtend ist. Jedoch könnte gerade diese Form auch die Umsetzung durch die Staaten begünstigen, weil die innerstaatlich notwendigen Verfahren weniger komplex sein werden. Zudem führt es einen neuen Transparenzrahmen mit einem Kontrollmechanismus (global stocktake) ein, nach dem sich die Staaten alle fünf Jahre gegenseitig kontrollieren. Das Pariser Abkommen ist ein Schritt in die richtige Richtung, nun ist allerdings eine konkrete Umsetzung notwendig.

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