Polisblog
18. April 2017

Klimapolitik in Zeiten Trumps: Zwischen Schock und Optimismus (2.Teil)

Was bedeutet die Klima- und Energiepolitik der neuen US-Administration außenpolitisch? Wird das Pariser Klimaabkommen überleben? Welche Rolle spielt China? Der zweite Teil des Blogbeitrags befasst sich mit den außenpolitischen und internationalen Fragen.

Ein Beitrag von Simon Blätgen und Stephan Hoare

 

Die Trump-Administration hat nicht, entgegen mancher Vermutung, das Paris-Abkommen in den ersten Tagen nach der Amtseinführung aufgekündigt, obwohl dies juristisch recht einfach gewesen wäre. Unter Obama wurde das Abkommen nur als Exekutivorder (im Rahmen der bestehenden Gesetze) verabschiedet. Im Fall eines völkerrechtlichen Vertrages hätte nach US-Verfassungsrecht bei Abschluss und Aufkündigung der Senat beteiligt werden müssen. Dieser war schon vor der Wahl republikanisch kontrolliert.

Dennoch würde es wegen der Übergangsfristen im Pariser Abkommen völkerrechtlich bis zu vier Jahre dauern, bis die USA effektiv von den Verpflichtungen des Abkommens entbunden wären. Schneller ist ein Aufkündigen des gesamten Klimarahmenabkommens (UNFCCC), unter dessen Dach das Abkommen verabschiedet wurde. Hier beträgt die „Kündigungsfrist“ nur ein Jahr. Auch auf diese Weise wären die USA vom Paris-Abkommen entbunden.     

 

Was ändert sich aufgrund des Regierungswechsels in der Klimaaußenpolitik?

In Bezug auf die innenpolitischen Auswirkungen haben wir erläutert, warum Barack Obama kein Schutzpatron des Klimaschutzes, sondern in erster Linie ein Pragmatiker war. Das Abkommen wurde mit den Prioritäten der heimischen Klimapolitik und Energiewirtschaft vereinbart. Auch deshalb unterstützte die US-Administration die Bemühungen in Paris, wo sie als Zugpferd agierte. Mit dem klaren Bekenntnis zu Paris setzten sie andere zögernde Staaten wie Nicaragua unter Druck, übernahmen eine zentrale Rolle in den Verhandlungen und trugen so zum Erfolg bei.

Die Trump-Administration übt ebenfalls einen starken Einfluss auf die globale Klimapolitik aus, auch wenn sie sich (noch) nicht von dem Pariser Abkommen zurückgezogen hat. Es stimmen viele RepublikanerInnen – sogar Trumps Berater – dafür, dass das Abkommen vorerst in seiner Form erhalten bleibt, wenn auch nur aus strategischen und nicht unbedingt klimafreundlichen Gründen. Andererseits hat Scott Pruitt, der neue Chef der Umweltschutzbehörde EPA, nun erstmals öffentlich geäußert, dass er einen Austritt für richtig hält. So oder so wird Präsident Trump kaum die Zusagen Obamas an Emissionsreduktion und Bereitstellung finanzieller Mittel einhalten.

Das klimapolitische Kernprojekt von Donald Trumps Vorgänger wird wohl ebenso reduziert oder abgeschafft, wie das innenpolitische. Die „Global Climate Change initiative“, ein außen- und entwicklungspolitisches Instrument zur Integration von Entwicklungs- und G20-Staaten in die internationalen Anstrengungen rund um das Paris-Abkommen, soll Anreize zur Emissionsreduktion setzen. Nicht zuletzt weil die Abschaffung der Initiative wahrscheinlich ist, hat die Regierung Obamas zwischen der Wahl und der Übergabe der Amtsgeschäfte noch einen signifikanten Teil der international zugesagten Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Von den 2015 zugesagten drei Milliarden Dollar wurde bereits eine Milliarde Dollar statt der bis Ende 2016 vorgesehenen 500 Millionen in den Green Climate Fund gezahlt.

 

Übernimmt China die Rolle der USA?

Ob ein formeller Rückzug oder ein informell reduziertes Engagement: Es scheinen durchaus Kräfte bereit, die ein von den USA offen gelassenes Vakuum auszufüllen bereitstehen. Besonders bemerkenswert ist dabei die Rolle Chinas. Jahrelang waren es die USA unter Obama, die China zu einer ambitionierten Klimapolitik bewegen wollten. Nach dem Klimagipfel von Paris folgte die fast zeitgleiche Ratifizierung durch beide Nationen. Die größten CO2-Emittenten verhalfen somit dem Abkommen maßgeblich über die vertragliche Schwelle zum Inkrafttreten und lösten großen Optimismus aus.

Entsprechend groß waren die Sorgen, dass Chinas Motivation zur Einhaltung der Zusagen schwinden würde, sollten die USA ihre Klimapolitik mit Trump einschränken. Doch das Gegenteil ist der Fall. Schon in unmittelbarer Reaktion auf die US-Wahlen beim Klimagipfel in Marrakesch warnten Mitglieder der chinesischen Delegation die USA davor, sich vom gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel zu entfernen. Auf der Klimakonferenz in Marrakesch (COP 22), an der einer von uns teilnahm, war die Stimmung entsprechend betont hoffnungsvoll.

Unmittelbar nach der Unterzeichnung des Exekutivorders durch Präsident Trump waren es die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und China, die die internationale Gemeinschaft zum Fortschritt im Klimaschutz aufriefen. Lu Kang, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, forderte die Staaten dazu auf, „mit der Zeit zu gehen“.

 

Die Überlebenschancen des Pariser Abkommens sind gut… bis auf Weiteres

Aktuell haben 143 Staaten das Pariser Abkommen ratifiziert. Um in Kraft treten zu können, braucht es 55 Zusagen, die zusammen für mindestens 55 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind. Durch eine Absage der USA, die circa 17 Prozent der Emissionen verursachen, würde das Abkommen also nicht hinter die Schwelle von 55 Prozent zurückfallen. Gefährlicher hingegen ist ein möglicher Dominoeffekt: Staaten, die dem Vorbild der USA folgen.

Die Achillesferse des Klimabkommens ist Trumps größter Trumpf. Ein Kern der Verhandlungen war, sich vom Top-Down-Ansatz vorgegebener Emissionsgrenzen zu verabschieden und auf freiwillige Kooperation und Selbstkontrolle der Verantwortlichen zu setzen. Nur darum ließen sich so viele Staaten auf das Abkommen ein. Viele maßgebliche Punkte sind aber von einem Konsens abhängig. Das bedeutet, dass wenige Länder dem Abkommen großen Schaden zufügen können, wenn sie das wollen.

 

Präsident Trumps Klimapolitik als Stresstest

Doch gerade das Handeln Chinas macht Hoffnung. Wenn ein Staat, der als überwiegend von Eigeninteressen geleiteter Akteur in den internationalen Beziehungen gilt, sich so eindeutig für verstärkte Bemühungen im Klimaschutz ausspricht, deutet das darauf hin, dass es sich lohnt, in erneuerbare Energien zu investieren und Emissionen abzubauen. Im Falle Chinas kommt als Motivation noch das massive Problem der Luftverschmutzung dazu.

Wohin sich die Klimapolitik der USA unter Präsident Trump entwickelt, werden wir in den nächsten Monaten beobachten. Was bisher an konkreter Politik erkennbar ist, macht all denjenigen, die ein Interesse am internationalen Klimaschutz haben, wenig Mut. Dennoch kann eine wenig klimafreundliche US-Regierung nicht ohne Weiteres die in Gang gekommenen Bemühungen zurückdrehen – national wie international.

Was Donald Trump für die Klimapolitik bedeutet, ist eine Art intensiver Stresstest. National wird sich zeigen, wie wettbewerbsfähig erneuerbare Energien sind. International wird zu untersuchen sein, wie funktional und resilient der diplomatische und rechtliche Ansatz des Pariser Abkommens in Realität ist und wie ernst es andere große Akteure wie China oder die EU mit dem globalen Klimaschutz meinen.

 

Das Polis Blog ist eine Plattform, die den Mitgliedern von Polis180 zur Verfügung steht. Die veröffentlichten Beiträge stellen persönliche Stellungnahmen der AutorInnen dar. Sie geben nicht die Meinung der Blogredaktion oder von Polis180 e.V. wieder. Image source: „Mit GuD-Kraftwerken effizient Strom gewinnen / Generating power efficiently with cogeneration plants“, BASF – We create chemistryhttp://bit.ly/2oSqwPU, lizensiert unter Creative Commons license 2.0.: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

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Simon Blätgen

Simon hat an der FU in Berlin und in Paris Jura studiert mit Schwerpunkt auf Europa- und Völkerrecht. Seit 2015 ist er Doktorand in Völkerrecht in einer gemeinsamen Forschergruppe mehrerer Universitäten aus Berlin und Potsdam. Simon ist Mitglied von Polis180 und engagiert sich dort unter anderem im Event-Projekt Schengen.

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Stephan Hoare

Als Juniorberater arbeitet Stephan in einer Berliner Kommunikationsagentur und beschäftigt sich mit Themen aus den Bereichen International Relations, Corporate Communications und Energie. Er hat Politik, Geschichte und Völkerrecht in München, Bergen und Quito studiert. Bei Polis 180 verantwortet er die Projektgruppe Klima & Energie.

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