Ein Unternehmer drängt ins Weiße Haus und viele sind entsetzt. Dabei sind UnternehmerInnen bestens für Politik gewappnet, denn sie wissen sich zu verkaufen. Genauso Donald Trump: er führt einen Wahlkampf, der jeden erdenklichen Rahmen sprengt.
Ein Beitrag von Kaloyan Halachev
In den USA hui, in Europa pfui
Mit Donald Trump betrat eine besondere Spezies den Wettkampf zum mächtigsten politischen Posten auf Erden: ein Unternehmer. In Europa sind seinesgleichen eher kritisch beäugt als zelebriert. Eine ähnliche Zusammenkunft von Reichtum, Business und Politikbestrebungen würde westlich von Neiße für ein Augenbrauenhochziehen sorgen. Nicht so in den USA. Sofern und soweit der Reichtum ‚sauber’ ist, besteht kein Grund zur Sorge. Im planetarischen Zentrum des kreativen Unternehmertums kann das sogar als Gütesiegel verkauft werden – wie es uns auch Donald Trump penetrant vor Augen führt, ohne dabei echte Rückschläge erwarten zu müssen. Ist das nicht einfach irre? Naja, auf die Perspektive kommt es an.
Der unternehmerische Killerinstinkt
UnternehmerInnen scheinen eine Gruppe von Menschen zu sein, deren wichtigste Fähigkeit ist, Vakuum zu entdecken. Anders als oft angenommen (vielleicht zu Recht), ist ihre stärkste Antriebskraft nicht primär die Profitgier, sondern ihr unaufhörlicher Drang nach einer Lösungsfindung. Haben sie einmal eine Lücke entdeckt, möchten sie sie auch unbedingt füllen. Ausgestattet mit einem ausgeprägten Biss, starken Willen und verblüffender Kontinuität verfolgen sie ihre Ziele bis zum bitteren Schluss. Dabei fanatisch überzeugt von sich zu sein, ist eine Selbstverständlichkeit.
Erinnern wir uns nur kurz an die legendäre Rede von Steve Jobs vor StudentInnen der Stanford University, wo er wortwörtlich den Zuhörenden geraten hat, „Don’t let the noise of others‘ opinions drown out your own internal voice„. Auf gar keinen Fall darf jemand von seinem Ziel abgebracht werden, sodass dem zukunftsorientierten Wandel nicht unnötig Steine in den Weg gelegt werden. UnternehmerInnen verstehen sich schließlich als AgentenInnen des Wandels. Richard Brand beschreibt die Gründer von Google (Larry Page und Sergey Brin) als „wickedly clever“, „challenging a lot of industries“, „making a lot of money“ und „ruthless businessmen“, aber auch als „idealists“ und “believers in the power of internet to make the world a better place“. Obendrein sagt er, „they feel a profound responsibility to deliver great things because they are capable of it“. Klingt nicht gerade nach einem bescheidenen Lebensplan, oder?
Donald Trump, ein Hai im Fischbecken
Donald Trump fühlt sich ebenso zu Großem berufen. Er strahlt ein unglaubliches Selbstvertrauen aus mit der Motivation ‚to make America great again‘. In betont unternehmerischer Gestalt beansprucht er Platz für sich im Herzen von Washington D.C. und präsentiert sich mit einer Art des politischen Wahlkampfs, die jeden bisher erdenklichen Rahmen sprengt.
Gnadenlos bedient er sich an Methoden aus dem Marketing. So zum Beispiel hat er sich den Werbeslogan von Ronald Reagan zu Eigen gemacht. Das ist aus taktischer Sicht betrachtet ein Sechser im Lotto mit Superzahl. 2002 stuften 73% der US-AmerikanerInnen Ronald Reagan als den zweitbeliebtesten Präsidenten der zeitgenössischen Geschichte ein. Nur John F. Kennedy schnitt besser ab. Doch unter den ehemaligen Präsidenten der Republikanischen Partei ist und bleibt Ronald Reagan der populärste.
Imagetransfer als Element der Wahlkampfführung
Im Marketing nennt sich so eine Übertragung von einer allgemeingelernten bzw. allgemeinbekannten Bedeutung auf ein neues Produkt ‚Imagetransfer’. Ziel dabei ist, bestimmte Kaufanreize zu setzen, indem man ein Produkt mit Bedeutung auflädt und positive Assoziationen hervorruft. Im Fall von Donald Trump heißt es Wahlreize zu schaffen, um politisches Vertrauen zu gewinnen. Kreativität sieht anders aus, oder? Und Einladung zum Wandel auch, was aber nicht angestrebt zu sein schien und nur der funktionalen Effektivität gilt.
Kann ein Staat wie ein Konzern geführt werden?
Zweifelsohne hat der erfolgreiche Investor einen nicht wegzudenkenden Riecher für die feinen Signale aus dem politischen Markt bewiesen. Eben das macht ihn so besonders und zugkräftig. Aber der sportliche Wettkampf, den er so genießt, endet Anfang November und dann? Das Regieren eines Staates erfordert weit mehr als Killerinstinkte, nämlich Flexibilität und die Fähigkeit zur Kompromissfindung durch diplomatisches Geschick und den Willen zum Frieden. Sonst kostet es mehr als nur Geld. Was als Kapital im politischen Kampf erscheinen mag, könnte nach einem Sieg von Donald Trump zum Problem werden, denn die Politik ist kein Null-Summenspiel.
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