Polisblog
14. April 2017

Klimapolitik in Zeiten Trumps: Zwischen Schock und Optimismus (1.Teil)

Was bedeutet die Klima- und Energiepolitik der neuen US-Administration innen- und außenpolitisch? Das analysieren die Co-Programmbereichsleiter für Klima & Energie, Simon Blätgen und Stephan Hoare, in einem zweiteiligen Blogpost mit Blick auf wichtige Veränderungen seit den US-Wahlen. Der erste Teil widmet sich dem innenpolitischen Wandel.

Ein Beitrag von Simon Blätgen und Stephan Hoare

 

Die Euphorie von Paris endete in der US-Wahlnacht

Nach dem Klimagipfel von Paris 2015 (COP21) war die Begeisterung groß. Erstmals haben sich Industrie- und Entwicklungsländer unter Überwindung genau dieser Dichotomie auf ein zumindest in Teilen rechtlich verbindliches Abkommen einigen können. Nicht nur wurde das ambitionierte Ziel vereinbart, die Erwärmung auf “deutlich unter 2 Grad” (well below two degrees) über dem prä-industriellen Niveau zu begrenzen. Unter der klimafreundlichen Regierung Barack Obamas kam ein Abkommen erst zustande, das viel schneller als erwartet von fast allen Staaten unterzeichnet und nach weniger als einem Jahr von der rechtlich nötigen Anzahl an Staaten ratifiziert wurde.

Dann kam der 8. November 2016. Wenige Tage vor dem Klimagipfel in Marrakesch (COP 22) wurde ein US-Präsident gewählt, dessen berühmtes Zitat zum Klimawandel eben jenen zu einem von den Chinesen erfundenen Schwindel erklärt. Was folgte war eine schnelle Abfolge heftiger Reaktionen. PolitikerInnen und JournalistInnen sagten den Tod des Paris-Abkommens und das Ende des globalen Kampfes gegen den Klimawandel voraus.

Auch wenn Donald Trumps Regierung in den ersten Tagen die Erwähnung des Klimawandels von offiziellen Regierungsseiten entfernen ließ: Bislang konnten sich jene Prognosen kaum weniger auf Donald Trumps häufig mäandernd anmutende Wahlkampfrhetorik stützen. Inzwischen aber lassen sich einige konkrete Entwicklungen herausarbeiten, die ein besorgniserregendes aber gleichzeitig differenzierteres Bild ergeben.

 

„We’re not spending money on that anymore, we consider that to be a waste of your money.“

Ein Blick auf seinen ersten Haushaltsentwurf macht deutlich, wohin die Reise für die USA in Sachen Klimapolitik gehen soll. So werden etwa die Haushaltsmittel für die Environmental Protection Agency (EPA) um 31 Prozent gekürzt. Mick Mulvaney, der Haushaltsdirektor des Weißen Hauses, scheint die Haltung der US-Regierung auf den Punkt zu bringen: „We’re not spending money on that anymore, we consider that to be a waste of your money.“

Bereits zuvor hatte der von den RepublikanerInnen kontrollierte Kongress eine Anhörung anberaumt, in dem die wissenschaftlichen Grundlagen der Klima- und Umweltpolitik neu diskutiert werden sollen. Folglich setzte sich das House Science Committee am 29. März 2017 unter dem Titel Assumptions, Policy Implications, and the Scientific Method mit vier WissenschaftlerInnen zusammen. Drei von den RepublikanerInnen geladenen ExpertInnen eint, dass sie anerkannten wissenschaftlichen Grundlagen mehr oder weniger kritisch gegenüberstehen.

Am 28. März 2017 unterzeichnete Präsident Trump einen Exekutivorder, um das innenpolitisch wichtigste Klimaschutzprojekt der Vorgängerregierung abzuschaffen. Die Umweltschutzbehörde EPA wird darin aufgefordert, den Clean Power Plan rückabzuwickeln. Das Paket verschiedener Regulierungen sollte die Bundesstaaten ursprünglich zur Reduktion der CO2-Emissionen und damit des Kohleanteils im Energiemix anhalten. Weiterhin sollte der Kohlendioxid-Ausstoß alter Kraftwerke verringert werden. So wollte die Obama-Administration die Treibhausgasemissionen des weltweit zweitgrößten Kohlendioxidemittenten begrenzen. Die CO2-Emissionen von 2005 bis 2025 um 26 Prozent zu senken, war ein zentrales Versprechens Obamas.

 

Was Donald Trump mit Barack Obama gemeinsam hat

Barack Obama war klima- und energiepolitisch eher ein Pragmatiker als Visionär. In Übereinstimmung mit dem Pariser Abkommen von 2015 konnten die USA den CO2-Ausstoß verringern, ohne dabei die heimische Wirtschaft zu schwächen. Denn auch für den Demokraten gilt in der Energiepolitik das Credo „America First“, wenn auch in einem anderen Kontext. Neben weitreichenden Plänen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien setzte der ehemalige Präsident daher auf unkonventionelle Fördermethoden wie Fracking, Erdgas- und Kernkraftwerke. Diese ermöglichen einen geringeren CO2-Ausstoß als die konventionelle Kohleproduktion und -verstromung und machen die USA vom kostspieligen Energieimport unabhängig.

 

Was ist also der Unterschied zwischen der Klima- und Energiepolitik der Administrationen Trump und Obama?

Trumps Ansatz ist nicht von Pragmatismus, sondern vielmehr von ideologisch gefärbten Aktionismus geprägt. Das Weiße Haus wendet sich vom Clean Power Plan ab, um vermeintlich unnötige Vorschriften abzuschaffen, die dem Energiesektor schaden. So erklärte Trump: „Es gibt wohl keine Vorschrift, die unsere Bergleute und Energiekonzerne mehr bedroht als dieser erdrückende Angriff auf die amerikanische Industrie.”

Aber wird dieser Schritt speziell bei der amerikanischen Kohleindustrie ein Comeback inklusive neuer Jobs auslösen? Wohl eher nicht. Denn das Gesetz zum Clean Power Plan wurde in vielen US-Staaten noch nicht einmal angewendet, da Klagen gegen die Initiativen laufen oder bei Gerichten seit Monaten festhängen. Und trotzdem sind die Zahlen in der Kohleindustrie rückläufig, da sie auch gegen die niedrigeren Produktionskosten von Erneuerbaren Energien sowie Kernenergie nicht mithalten kann. Das Fracking ist ebenfalls profitabler als die Kohleproduktion, zumal es durch Trumps Exekutivorder begünstigt wird.

Der Einsatz von Wind-, Solar- und Kernenergie und Erdgas ist zweifelsohne ökonomischer und verringert gleichzeitig den CO2-Ausstoß. Innerhalb der amerikanischen Energiewirtschaft hat der Wandel weg von der Kohleindustrie bereits begonnen. Unternehmen wie Google, Amazon, Apple oder General Motors sprechen sich offen für das Klimaabkommen aus. Der fortschreitende Ausbau der Wind- und Solarenergie ist offenbar kaum zu stoppen. Zu groß sind die wirtschaftlichen Erfolge der letzten Jahre in den Flächenstaaten Texas oder Iowa. Zudem kündigten bevölkerungsreiche Bundesstaaten wie Kalifornien und New York ihren Widerstand an. Innerhalb der US-Regierung hat zum Beispiel Secretary of Defense Mattis in seiner Anhörung vor dem Senat explizit Bezug auf den Klimawandel als Herausforderung für die nationale Sicherheit genommen.

 

Bevölkerung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft wollen nicht zurück

Auch große Teile der US-Bevölkerung wollen die Treibhausgasemissionen verringern. In einer Umfrage der Yale University wurde die US-Bevölkerung zu verschiedenen Positionen der Klima- und Umweltpolitik befragt. Etwa 70 Prozent der Befragten gaben an, den Klimawandel für real zu halten und den entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vertrauen. Rund 69 Prozent stimmten zu, dass es strikte Limits für die Kohleproduktion geben sollte. Aktive zivilgesellschaftliche Organisationen, wie das vom früheren Vizepräsidenten Al Gore gegründete Climate Reality Project, bemühen sich besonders um öffentliche Aufklärung und eine politische Bewegung für Klimaschutz.

Innenpolitisch gesehen ist die Lage dennoch problematisch. Denn viele der Vermutungen über Donald Trumps Klima-, Energie- und Umweltpolitik haben sich bewahrheitet. Hoffnung ist dennoch angebracht. Schon im Herbst 2018 könnten sich die Mehrheitsverhältnisse im Kongress ändern. Und auch die wirtschaftliche Realität kann Trump nur bedingt beeinflussen. Seine Administration wird es also durchaus schwer haben, den klimapolitischen Wandel zurückzudrehen.

 

Das Polis Blog ist eine Plattform, die den Mitgliedern von Polis180 zur Verfügung steht. Die veröffentlichten Beiträge stellen persönliche Stellungnahmen der AutorInnen dar. Sie geben nicht die Meinung der Blogredaktion oder von Polis180 e.V. wieder. Image source: „Water in all it’s forms: gas, liquid, solid„, Let Ideas Competehttp://bit.ly/2oFOoq6, lizensiert unter Creative Commons license 2.0.: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/.

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Simon Blätgen

Simon hat an der FU in Berlin und in Paris Jura studiert mit Schwerpunkt auf Europa- und Völkerrecht. Seit 2015 ist er Doktorand in Völkerrecht in einer gemeinsamen Forschergruppe mehrerer Universitäten aus Berlin und Potsdam. Simon ist Mitglied von Polis180 und engagiert sich dort unter anderem im Event-Projekt Schengen.

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Stephan Hoare

Als Juniorberater arbeitet Stephan in einer Berliner Kommunikationsagentur und beschäftigt sich mit Themen aus den Bereichen International Relations, Corporate Communications und Energie. Er hat Politik, Geschichte und Völkerrecht in München, Bergen und Quito studiert. Bei Polis 180 verantwortet er die Projektgruppe Klima & Energie.

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